Plattform für Psychodrama Sexual- und Paartherapie

Regina Beer vom Liebesexundtherapie-Team hat für die Zeit mit den Ausgangsverboten und für das Zusammenleben unter diesen Bedingungen einige Tipps, Gedanken und Hilfestellungen zusammengestellt:

 

Beziehungs-Tipps in Zeiten der Corona Krise

 

Wenn wir alle auf engem Raum im Homeoffice sind und auch noch Kinder zu betreuen haben, kann diese Situation belastend für die Beziehung sein.

 

Nachdem die erste Freude von länger schlafen, nicht in Schule und Arbeit fahren zu müssen verflogen ist, wird sich auch Langeweile, Unzufriedenheit und Ungeduld einstellen. Das ist ganz normal, da der gewohnte Tagesablauf, der uns sonst Routine und Sicherheit gibt, plötzlich unterbrochen wurde und Ablenkungen wie Konzerte, Theater, Essen gehen, Fitnessstudio, Freunde treffen ,...nicht möglich ist.

Personen, die es gewohnt sind, von daheim aus zu arbeiten, tun sich mit dieser Umstellung möglicher Weise leichter.

Es entsteht wahrscheinlich bei den meisten von Ihnen, die sonst immer geschäftig sind, Langeweile, die sich aber als Entschleunigung auch zu einer langen Weile entwickeln kann: Eine Zeit, um einmal nichts zu tun, dasitzen und beim Fenster raussehen, einander ansehen und dabei vielleicht Verbundenheit spüren, vielleicht auch Unsicherheit, aber es entsteht, wenn Sie die lange Weile zulassen auch ein Zustand der Entspannung.

So selbstverständlich wir nun unsere Hände waschen um uns selbst und unsere Mitmenschen zu schützen so sollten wir auch achtsam miteinander umgehen, wenn wir auf Grund der aktuellen Situation viel Zeit miteinander verbringen (müssen). Es ist nämlich nicht so einfach, ab sofort mit Partnern und den Kindern den gesamten Tag unter einem Dach zu sein!

Also was können nun Paare konkret tun, damit sie diese Zeit gemeinsam gut überstehen? Besprechen Sie mit Ihrem Partner, wie Sie den Tag gestalten wollen. Was willst du, was will ich? Scheinbar unwesentliche Themen haben für den Ablauf eines Tages, der positiv enden soll, große Wirkung:

  • Wann stehen wir auf? Frühstücken wir gemeinsam? Wer holt Gebäck? Plaudern wir oder wollen wir in Ruhe Zeitung lesen? Wann besprechen wir Themen des Alltags?

  • Wann ist für wen Arbeitszeit? Wer kümmert sich wann um die Kinder, den Haushalt? Wann will ich nicht gestört werden?

  • Welche Arbeiten, die schon längst erledigt gehörten, können in Angriff genommen werden? Wann brauche ich deine Hilfe oder deinen Rat?

  • Welche sinnvolle Beschäftigung fällt uns ein, wenn wir nicht arbeiten? Allein und gemeinsam?

  • Was bereitet uns Freude?

 

Was macht Freude?

 

Wenn Sie keine Idee haben, was sie gemeinsam tun können-erinnern Sie sich, was Ihnen früher Freude bereitet hat, wie Sie sich in der ersten Zeit des Kennenlernens aneinander freuen konnten. Worauf können Sie zurückgreifen? Gemeinsame Aktivitäten sollten Freude bereiten und das Gemeinschaftsgefühl stärken. Gemeinsame Unternehmungen schaffen Nähe und Intimität. Das wiederum fördert den Wunsch nach Zärtlichkeit, Berührung und auch Lust auf Sex!

Präsentieren Sie nun Ihrem Partner einen Vorschlag und er oder sie reagiert anders als gewünscht, sagen Sie nicht: „Macht nichts,“ oder „kein Problem!“, sondern versuchen Sie es anders, nämlich: „Es wäre mir wirklich wichtig, wenn du mitkommst.“

Und lassen Sie sich selbst auf neue Ideen des Partners ein, bevor Sie ablehnen!

Hier einige Vorschläge:

  • Unternehmen Sie einen gemeinsamen Spaziergang. Achten Sie dabei genau auf die kleinen Dinge in der Natur und lassen Sie ihren Partner daran Teil haben. Da sehe ich einen Schmetterling, einen blühenden Strauch. Hörst du die Vögel zwitschern, riech doch mal diese Blume! Lassen Sie sich von der Freude des Partners anstecken und reagieren Sie positiv darauf.

  • Legen Sie Musik auf und tanzen Sie dazu!

  • Nehmen Sie sich bewusst Zeit für einander: lesen Sie einander Zeitungsartikel, Gedichte, ein Buch abwechselnd vor. Hören Sie gemeinsam Musik ohne andere Dinge dabei zu tun und sprechen Sie darüber was Ihnen gefällt oder auch nicht gefällt-ist es die Aussage des Textes, die Melodie, die Stimme?

  • Berühren, küssen und umarmen Sie einander zwischendurch. Es sind doch die kleinen Gesten, die Zuneigung zeigen! Ein Bussi in den Nacken, ein Streicheln über den Arm, ein Drücken der Hand! Oder setzen Sie sich hin, halten einander an den Händen und tun Sie einfach gar nichts! Das beruhigt und entspannt.

  • Kochen Sie gemeinsam und vermeiden Sie dabei Konflikte oder Machtspielchen, indem Sie abklären, wer welche Aufgaben übernimmt. Gibts einen Küchenchef, der sagt, was zu tun ist und der Partner befolgt die Anweisungen oder kocht einer die Vorspeise und der andere die Hauptspeise? Wer räumt weg, usw. Das kann durchaus auch spaßig angegangen werden!

  • Spielen Sie ein Spiel! Was haben Sie zu Hause? Schach, Back Gammon,Kartenspiele,...Lernen Sie ein neues Spiel!

  • Sie dürfen auch wieder mal kindisch und ausgelassen sein: Machen Sie eine Polsterschlacht, malen Sie gemeinsam ein Bild mit geschlossenen Augen oder schreiben Sie Ihrem Partner mit dem Finger ein Wort auf den Rücken, das er erraten soll.

  • Schauen Sie sich gemeinsam Fotos an.

  • Suchen Sie einen Film aus, den Sie sich gemeinsam ansehen. Danach besprechen Sie, welche Figur Sie interessant, erotisch, unbedeutend,….. gefunden haben.

  • Schauen Sie sich gemeinsam einen (Soft-)pornofilm (zB. zu finden unter Erika Lust) an und erzählen Sie einander anschließend was sie erotisch, sinnlich,... gefunden haben.

Scheuen Sie sich nicht zu weinen: Weinen entspannt unser leidendes System. Denken Sie an die geliebten Personen, die Sie jetzt nicht sehen können und nehmen Sie sich Zeit und das auch zu betrauern. Dann gehen Sie wieder zurück zu ihrem Alltag.

  • Nehmen Sie ein gemeinsames Bad, cremen Sie sich gegenseitig ein oder massieren Sie den anderen.

  • Machen Sie es sich im Bett bequem und streicheln Sie einander ganz zärtlich und ausgiebig.

Das kann mit dem Handrücken, der Handfläche, einem Finger, einer Feder usw geschehen. Fragen Sie nach was gut tut und geben Sie Rückmeldung. Mögen Sie eine entspannende Streicheleinheit oder darf Ihr Partner auch Ihre erogenen Zonen liebkosen?

Leben mit Kindern

Wenn Kinder im gemeinsamen Haushalt leben, sollten Sie besprechen, wann und was Sie als Familie gemeinsam unternehmen wollen, wann sich das Kind /die Kinder allein beschäftigen sollen(dem jeweiligen Alter der Kinder angepasst) und wann Sie für sich als Paar gemeinsame Zeit verbringen wollen.

Eltern mit Kleinkindern sind hier besonders gefordert!

Miteinander reden

Wenn Sie bemerken, dass sie ungeduldig werden, lassen Sie Ihren Unmut auf keinen Fall an den Kindern oder am Partner aus. Sie wollen ja Spannungen und Konflikte vermeiden!

  • Sprechen Sie an was Sie gerade bewegt:“ Ich bin gerade gereizt, ungeduldig, unzufrieden, müde,..“

  • Sprechen Sie an, was Ihnen helfen könnte: „Ich brauche eine kurze Auszeit, einen Spaziergang alleine...“

  • Reagieren Sie darauf mit Verständnis ohne Vorwürfe. Der gestresste Partner kann so entlastet werden und sich wieder beruhigen.

  • Helfen Sie einander und bieten Sie Ihre Hilfe an.

  • Sagen Sie Ihrem Partner ganz konkret, was sie an ihm schätzen und liebenswert finden.

  • Natürlich kann es auch sein, dass Sie durch die vielen Stunden des Zusammenseins von speziellen Eigenheiten des Partners/der Partnerin genervt sind! Überlegen Sie, ob dies für Sie wichtig ist anzusprechen. Und zwar so, dass es nicht als Vorwurf verstanden wird. Seien Sie auch mal großzügig, vielleicht überwiegen ja die positiven Eigenschaften!

  • Nehmen Sie sich Zeit für gemeinsame Gespräche, so können Sie einander noch besser kennen und besser verstehen lernen. Das kann am Abend sein um den Tag Revue passieren zu lassen: Wie ist es mir heute ergangen? Was hat mir Freude bereitet? Was hat mich geärgert oder gestresst? Worüber habe ich nachgedacht?.....Der Zuhörer unterbricht den Erzählenden dabei nicht, er hört nur zu. Vor allem gibt er keine guten Tipps, außer er wird gefragt!

  • Stellen Sie einander Fragen und beantworten Sie diese ehrlich. Sprechen Sie Wünsche an. Welche Zukunftspläne haben Sie? Was vermissen Sie? Was brauchen Sie vom Partner?

Kommen Sie gut durch diese herausfordernde Zeit! Zuneigung, Geduld, Liebe und Humor können dabei helfen! Und im besten Fall können Sie sich als Paar besser kennen, verstehen und lieben lernen!

Alles Gute

Regina Beer

 

PS: Eine deutscher Kollege hat in der ZEIT dazu unter folgendem Link auch einiges gesagt:

https://www.zeit.de/zeit-magazin/leben/2020-03/partnerschaft-coronavirus-quarantaene-ehe-naehe-streit-fernbeziehung/seite-2